Bodo Rott

Bodo Rott

Changieren zwischen Realem und Imaginärem

Bodo Rotts Motive sind alltäglichen Situationen entnommen. Der Künstler, 1971 geboren in Ingolstadt, wirft knappe andeutungsvolle Schlaglichter auf Lebens-momente – Kinderspiele, eine Modenschau, Jahrmarkts- und Zirkusszenen beispielsweise. Was diese Bilder so beeindruckend macht sind die eigenwillige Stilistik, die der Künstler aus dem Zusammenspiel von Abstraktion und realistischer Malweise entwickelt hat und die ebenso irritierende wie rätselhaft-bedrohliche Atmosphäre, die sein Werk durchzieht und die den Werken ihren besonderen zeitbezogen Anspruch verleiht.

Kennzeichnend für Bodo Rotts Kunst ist auch das Changieren zwischen Realem und Imaginärem. Die Bilder des Künstlers thematisieren beunruhigende Erfahrungen. Zumeist sind die Akteure auf den Bildern Kinder. Es dominieren figurative Szenen. Dargestellt sind oft Kinderspiele wie jeder sie kennt. Auffällig ist die Dynamik des Geschehens. Von den Motiven gehen ebenso Momente des harmonischen Zusammenlebens wie der Konfrontation der Entfremdung und der Einsamkeit aus. Oft wirken die dargestellten Personen isoliert, wie auf sich selbst verwiesen oder mit sich alleine beschäftigt. Nicht nur in Macht- und Aggressionsgebärden sind Bezüge zum Erwachsenenleben unverkennbar. Es gibt unheimliche oder zwielichte Szenerien wie in den Bildern „Sprung, 2014“ oder „Mensch und Tier (Dompteuse), 2014“ in denen das Szenario verrätselt ist und den Betrachter im Unklaren lässt, ob hinter den auf dem ersten Blick harmlosen Situationen nicht doch Heimtücke, Boshaftigkeit und Aggressivität lauert.

In Rotts Bildern geht fast immer ein Riss durch die scheinbare Idylle. In die kindliche Lebensfreude und spielerische Eroberung der Welt, die uns der Künstler in seinen Bildern vor Augen führt, mischen sich Erfahrungen von Gewalt, Unterdrückung und Macht. Typisch für die jüngste Werkserie sind Texturen, Farbschlieren und -schichten, die wie Erosionsspuren auf alten Plakaten oder Fotografien in einigen Partien die zentralen Motive überlagern. Auch das Neben- und Übereinander von Produkten der Konsumgesellschaft, die wie eine unaufhaltsam voran kriechende Masse die zentralen Motive überwuchern, ist augenfällig. Die Gegenstände, Verpackungs-material, Werkzeuge, Spielsachen, Kleidung, sind oft nur skizzenhaft angedeutet – in seltsam körperloser Substanz. Scheinbar unberührt posieren die kindlichen Akteure darauf wie in „Modenschau 2, 2013“ oder sie sind mit dem Chaos und Durcheinander der weggeworfenen Gegenstände konfrontiert beim Durchqueren eines Gewässers „Auf der Suche nach Elke Durak“ (2014). Der Eindruck eines Missverhältnisses in der Beziehung von Mensch und Lebensmilieu stellt sich ein.

Immer geht es in Bodo Rotts Bildern um Begegnungen. Begegnungen zwischen Menschen. Begegnungen mit dem eigenen Ich oder mit der der Umwelt. Vergangen-heit und Gegenwart werden in Beziehung zueinander gesetzt. Der Mensch mit seinen Widersprüchen und Anachronismen steht im Mittelpunkt einer Bildsprache, die ebenso von Werken der Bildenden Kunst beeinflusst ist als auch von Gestaltungs-prinzipien des Comics oder anderer Elemente der Alltagskultur (Plakatkunst, Illustration, Graffiti etc.). Situationen treten rätselhaft wie aus Dämmerträumen heraus ins Bewusstsein. Dem Reiz dieser Bilder und dem Gefühl, dass sie vielleicht auch mit ihm selbst zu tun haben, kann sich der Betrachter kaum entziehen.

© André Lindhorst (Kunstwissenschaftler M.A.) / Galerie Villa Köppe

Surreal, verstörend und ungemein fesselnd zugleich

Die jüngsten Bilder von Bodo Rott sind erneut ein Fest der Malerei und eine Kampfansage an sie. Für seine seltsamen Figuren, oft Mischwesen aus Erwachsenen und Kindern, macht er den Bildraum zur Bühne. Hier bringt er paradoxe Narrationen ebenso zur Aufführung wie Fragen der Malerei: das Schöne und das Groteske, die Figur und das gekritzelte, hingeworfene oder halb wieder abgekratzte Ungeformte treten als alchemistische Transmutationen von Farbe in Erscheinung.

Farbe ist ihm eine „bestimmte Art von Schmutz, die über sich hinaus wächst“. Diesen ‚Schmutz’ verwandelt er in atmosphärisch dichte szenische Darstellungen mit Figuren, gegen die er gleichzeitig anmalt.

Diese „Malerei gegen Malerei“ sich im Spielen oder Posieren seiner „Nichtkinderkinder“ austoben zu sehen – das ist eine faszinierende Erfahrung für jeden Betrachter von Bodo Rotts Bildern.

Dr. Silke Feldhoff, Kunstwissenschaftlerin

Biografie

Vita

1971
geboren in Ingolstadt

1992
Studium an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg

1996
Wechsel an die Hochschule der Künste, Berlin

1999
Ernennung zum Meisterschüler

lebt und arbeitet in Berlin

Ausstellungen

(Auswahl)

1999
„Große Kunstausstellung München“(GKA), Haus der Kunst, München
„Meja na Reki“/“Grenze im Fluß“, Bad Radkersburg/Gornja Radgona

2001
„Pittori di Norimberga“, Galleria La Regina di Quadri, Modica, Sizilien

2002
„Menschenbilder“ , Galerie Eva Poll, Berlin

2004
„Intercity“, Galerie Manes, Prag
„Anachronismen  II“, Gerhart Hauptmann Museum, Berlin und Welmsbüttel

2005
„Intercity“, Haus am Waldsee, Berlin

2006
„Große Kunstausstellung München“(GKA), Haus der Kunst, München

2007
Sammlung Haberent, Kunsthalle Vierseithof, Luckenwalde
„Große Kunstausstellung München“(GKA), Haus der Kunst, München

2008
Sammlung Haberent, Kunsthalle Vierseithof, Luckenwalde

2009
„50 x 60“ , Goethe-Institut, München
„20 Deutsche Jahre“, Kunsthalle Brennabor, Brandenburg
Fondazione Konrad Adenauer, Rom

2010
„50 x 60“, Städt. Galerie Budapest, Museum Orada, Rumänien
„GERMANICA HUMIRA“, Forgotten Bar, Berlin
„Bel Etage“, Open Art, München
„Lieblingsbilder“, Städtische Galerie, Regensburg

2011
„Druckgrafik_aktuelle Positionen 2“, Europäisches Künstlerhaus Schafhof, Freising
EHF Trustees, Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin
„Tierisch“, gka (Große Kunstausstellung), Haus der Kunst, München
Grafik-Triennale, Kunstverein Frechen
„34 zu Kleist“, Städtische Galerie, Speyer
„Der Mensch Der Fluss“, Galerie der Nationalakademie Sofia, Bulgarien

2012
„Malerei und Plastik“ Galerie Villa Köppe

Preise und Stipendien

1995
1.Preis im Wettbewerb der Danner-Stiftung

2000
Katalogstipendium der Edition Junge Kunst in Berlin

2001
Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung aus dem Else-Heiliger-Fonds
Atelierstipendium der Karl-Hofer-Gesellschaft, Berlin

2010
Lithographie- Stipendium des Münchner Künstlerhauses

Publikationen

1999
„Bodo Rott  – Arbeiten 1996 – 2000“, Edition Junge Kunst in Berlin, Berlin

2001
„I MAESTRI PITTORI DI NORIMBERGA“, Commune di Modica, Sizilien

2003
„Stipendiaten der Karl Hofer Gesellschaft 2001 – 2003“, Haus am Waldsee, Berlin
„Anachronismen“, Edition Timpani, Berlin

2004
„Bodo Rott – Aquarell- und Ölmalerei“, KV  Kunst u. Kultur zu  Hohenaschau
„INTERCITY:  Berlin – Prag“, Stiftung Tschechischer Kunstfonds

2007
„Bodo Rott   Mischlicht“, Edition Chromonaut, Berlin

2008
„Bodo Rott – Leuchtender Schlamm“, Städtische Galerie, Ingolstadt
„Text und Bild“, Wieland Schütz, Berlin
artcollector, Berlin

2009
„Bodo Rott – Erdschein“, Edition Chromonaut, Berlin
„Bier“, Eichbornverlag

2010
„Ein Buch, das man kaufen kann, über Dinge, die man nicht kaufen kann“, Büchergilde Gutenberg, Frankfurt/M.

Sammlungen

Sammlung Thomas M. Kann, Monaco / Miami

Messen

Preview Berlin 2011 / Galerie Villa Köppe
SWAB Barcelona 2012 / Galerie Villa Köppe
SCOPE Basel 2012 / Galerie Villa Köppe
Preview Berlin 2012 / Galerie Villa Köppe

Katalog

Neue Bilder, 2012, 24 Seiten

Schwarze Sahne, 2010, 28 Seiten

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