Jim Avignon – Last Orders

Last Orders‘ ist unser Kunstwerk des Monats September. Der Betrachter dieser Arbeit des Malers, Street-Art-Künstlers und Musikers Jim Avignon wird unmittelbar in die Szene einbezogen. Er betritt sozusagen den Ereignisraum und ist konfrontiert mit einer Gesellschaft, die sich in einem Club oder einer Bar mit einer kleinen Bühne versammelt hat.

Die Szene scheint alltäglich – jedenfalls auf den ersten Blick. Doch einiges irritiert: Der Tod beispielsweise, der im altertümlichen Trägergewand eines Bestatters lässig im Hintergrund am Rande einer kleinen Bühne lehnt und den Eintretenden mit zum Victory-Symbol geformten Fingerknochen begrüßt. Er scheint auf seinen Auftritt zu warten. Doch worüber triumphiert er? Und was ist mit der brennenden Natur bzw. dem sich rasant ausbreitenden Feuer in dem Baum unmittelbar vor dem Fenster? Warum unternimmt keiner der Gäste Anstrengungen, es zu löschen?

Die Beiden im Vordergrund stehen dem Geschehen da draußen völlig gleichgültig gegenüber. Das Paar interessiert sich ausschließlich für ein perfektes Selfie. Was um ihn herum passiert, interessiert den Mann mit dem Like-Button auf dem blauen Basecap, der vorne rechts im Bild an dem roten runden Tisch sitzt, ebenfalls nicht. Seine Aufmerksamkeit gilt einzig dem Kokain, das er sich durch einen Strohhalm in die Nase zieht. Sein Blick läuft bereits ins Leere. Für das, was in der Welt geschieht, scheint sich einzig der Gast hinter der aufgeschlagenen Zeitung zu interessieren. Auf dem Titel­blatt ist die Schlagzeile ‚Last Orders‘ (Letzte Bestellung) zu lesen.

Inmitten der Gesellschaft befindet sich eine Figur, deren Antlitz als Globus ausgeformt ist. Diese Figur, ein Kellner in weinrotem Livree, bildet den zentralen Mittelpunkt der Bildkomposition. Getrieben eilt er durch den Raum, um den vielen Wünschen der Gäste nachzukommen. Doch er scheint am Ende seiner Kräfte. Ermattet und mit müdem Gesicht eilt er zu den Tischen, in der Rechten ein Tablett balancierend, auf dem sich drei Flaschen befindet. Wasser, Öl und Getreide ist auf den Etiketten zu lesen.

Jim Avignon „zoomt“ den Betrachter mitten ins Geschehen. Mit eindringlicher Bildsprache spielt er auf die Selbstbezogenheit einer Gesellschaft an, die ihr Heil im Verdrängen sucht, den eingetretenen Zustand realer Gefahr ignoriert und die das Potential der Natur und ihrer Rohstoffe trotz einer bis an den Rand ausgebeuteten Welt schonungslos beansprucht.

‚Last Orders‘ ist eine unmissverständliche Analogie auf die Zerstörung der Natur, die maßlose Plünderung der Ressourcen der Erden sowie der damit verbundenen ökologischen Bedrohungen und der Selbstzerstörung der Menschheit. Diese Zuspitzung findet sich in der Figur des Todes, die den Fall der Menschheit vorausahnt.

André Lindhorst, 2020

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